„Die Hassliste“ von Jennifer Brown ist ein Jugendbuch, das sich mit einem Amoklauf an einer Highschool beschäftigt und dabei insbesondere auf die Folgen des Amoklaufs für die Freunde und Mitschüler des Täters eingeht. Das erste Mal habe ich von dem Roman bei einer Fortbildung von „Lesen macht Schule“ gehört. Zu diesem Zeitpunkt wurde ich neugierig auf den Roman. Als ich ein halbes Jahr später ein Buch für meine zehnte Klasse in Deutsch gesucht habe, stellte ich „Die Hassliste“ ebenfalls zur Auswahl. Und es sprach die Jugendlichen am meisten an, so dass ich es für eine kurze Unterrichtsreihe vorbereitete. Es war damals auch mein Favorit, da alleine der Klappentext bereits interessant klingt:
„Es war nur eine Liste. Niemand sollte sterben. – Über Monate haben Valerie und Nick eine Hassliste geführt – für Valerie ein Ritual, das die beiden verband, für Nick offenbar viel mehr: Eines Tages eröffnet er in der Schul-Cafeteria das Feuer und tötet sechs Menschen. Valerie versucht, ihren Freund aufzuhalten, wirft sich vor eine ihrer Mitschülerinnen. Doch nach der grauenvollen Tat ist sie für niemanden eine Heldin…“
Der Roman ist in zwei Teile geteilt. Im ersten Teil erfährt der Leser abwechselnd von Valeries Erleben des Amoklaufs und von ihren Gedanken vor ihrem neuen ersten Schultag an der Highschool. Der zweite Teil behandelt Valeries Verarbeitung des Amoklaufs im Zusammenhang mit der Schule und ihren Mitschülern. Eingestreut in beide Teile gibt es für den Leser immer wieder Zeitungsmeldungen zu lesen, die sich mit dem Amoklauf befassen. Aufgrund des Ich-Erzählers, der aus Valeries Perspektive schreibt, ist der Leser immer sehr nah an ihrem Erleben dabei. Mich hat der Roman durch die unaufgeregte und spannende Erzählweise berührt und auch emotional sehr bewegt. Ich konnte mich sehr gut in Valerie einfühlen. Das ging soweit, dass ich fast Tränen in den Augen hatte. Ein Zustand, den ich beim Lesen von Büchern eher seltener erlange.
Valerie hat es nicht einfach. Ihre Eltern begegnen ihr gegenüber anders, die Polizei untersucht den Amoklauf genau und stellt auch ihr viele Fragen und ihre Freunde und Mitschüler sind ihr gegenüber sehr zurückhaltend und skeptisch. Ich wollte beim Lesen nicht in Valeries Haut stecken. Dennoch schätze ich, dass sich jeder in gewissem Maße in sie hineinversetzen kann. Alleine die Ignoranz der Mitschüler oder die Überfürsorglichkeit der Mutter sind Momente, die viele einmal erlebt haben.
Aber auch für den Unterricht ist der Roman spannend zu lesen. Denn die unterschiedlichen Themenbereiche, die sich mit ihm betrachten lassen, sind vielseitig: Amoklauf, Mobbing, Medien, Freundschaft, Aufarbeiten eines Traumas,…
So gibt es einige Fragen, die sich lohnen, im Unterrichtsgeschehen aufgegriffen zu werden: Inwieweit hat Nicks Umfeld (Mit-)Schuld an dem Amoklauf? Wie kann man so ein Trauma verarbeiten? Wie gut gelingt es Valerie sich wieder ins Schulleben einzufinden? Welche Vorzeichen gab es für den Amoklauf? Wie geht die Presse mit dem Amoklauf um?
Anhand dieser Fragen, lässt sich gut an Gefühle, Einstellungen und Vorwissen der Schüler anknüpfen und Themen wie zum Beispiel die Rolle der Medien beim Amoklauf problematisieren.
Insgesamt wurde der Roman von den Schülern positiv aufgenommen. Jedoch beklagten einige Längen, insbesondere im zweiten Teil, die ich so nicht nachvollziehen kann. Wer sich dafür interessiert „Die Hassliste“ einmal im Unterricht durchzunehmen, findet auf der Homepage vom dtv-Verlag einige Anregungen bei den Unterrichtsmodellen.
Fazit:
„Die Hassliste“ ist ein emotional mitreißendes Jugendbuch, das mit dem Amoklauf eine ernste und erschreckende Thematik behandelt. Denn das Thema Amoklauf ist nicht nur in den USA aktuell. Auch an deutschen Schulen ist es bereits aktuell seit den Amokläufen in Winnenden, Erfurt oder Emsdetten. Ich kann dem Buch eine eindeutige Empfehlung aussprechen, sowohl für den privaten Lesegenuss als auch für den Unterricht.