Ich bin ein Harry Potter Fan. Als Jugendliche habe ich die Bücher alle auf Englisch verschlungen und habe so meine Sprachfertigkeiten im Englischen verfeinert. Und seitdem lese und sehe ich die Harry Potter Geschichten nur auf Englisch. Als dann das Theaterstück „Harry Potter and the cursed child“ erschien, habe ich es mir gekauft und schnell verschlungen. Dramen sind dabei jedoch anders zu lesen als ein Roman. Die Umgebung wird weniger beschrieben und es gibt höchstens Regieanweisungen zu den Figuren. Dieses muss man unbedingt bedenken, wenn man das Buch in die Hand nimmt. Denn den Leser erwartet ein anderer Lesegenuss als bei den Harry Potter Romanen.
Ein weiterer Unterschied besteht in der Autorenschaft. Dieses Drama ist nicht von J.K. Rowling selbst geschrieben worden. J.K. Rowling hat nur die Grundgeschichte dazu geliefert und hat das Drama schließlich abgenommen. Die Autoren sind John Tiffany und Jack Thorne. Diese Unterschiede hebe ich deshalb heraus, weil sie einen Vergleich mit den Harry Potter Romanen zwar nicht ausschließen, aber dennoch erschweren. Immerhin haben wir es sowohl mit einer anderen Gattung (Drama) als auch mit einem anderen Autor bzw. einem Autorenpaar zu tun.
Aber kommen wir zum Drama selbst. Mit folgendem Klappentext kommt der Einband der festen Ausgabe daher (Achtung, hier auf Englisch!):
„The eigth story. Nineteen years later… It was always difficult being Harry Potter and it isn’t much easier now that he is an overworked employee oft he Ministry of Magic, a husband, and a father of three school-age children.
While Harry rapples with a past that refuses to stay where it belongs, his youngest son Albus must struggle with the weight of a family legacy he never wanted. A past and present fuse ominously, both father and son learn the uncomfortable truht: sometimes, darkness comes from unexpected places.“
Neunzehn Jahre später sind die bekannten Figuren gewachsen und haben neue Berufe angenommen. So ist Harry Potter der Leiter des „Department of Magical Law Enforcement“, Hermione ist die Ministerin der Magie und selbst Draco arbeitet im Ministerium.
Der Protagonist dieser Geschichte ist Albus Potter, Harrys jüngster Sohn. Hier gibt es schon ein kleines Dejá vue im ersten Teil. Der Leser begleitet Albus aufs Bahngleis auf dem Weg nach Hogwarts. Und Albus befürchtet in das Haus Slytherin sortiert zu werden. Das ist seine größte Angst. Und genau dahin verschlägt es ihn auch. Er freundet sich mit Dracos Sohn Scorpius an und später noch mit Delphi Diggory, die Cedric Diggorys Vater betreut. Immer wieder wird deutlich, dass Albus an der Bekanntheit seines Vaters, dessen Vergangenheit und dadurch an der Beziehung zu seinem Vater zu knacken hat.
Er hofft die Beziehung zu seinem Vater verbessern zu können, wenn er die Vergangenheit ändert und Cedric Diggory in der Vergangenheit rettet. Dafür borgt er sich verbotenerweise den Time-Turner, den Harry konfisziert hat und begibt sich auf sein eigenes Abenteuer zusammen mit seinen Freunden. Diese Abenteuer sind nicht ungefährlich und mit der Zeit bemerkt der Leser, dass nicht alle Zeitreisenden dieselben Ziele verfolgen. Eine Entwicklung die Albus Vorhaben nur noch gefährlicher macht. Doch wie geht es schließlich aus? Wird Albus Cedrics Leben retten können? Wird die Beziehung zwischen Harry und seinem Sohn besser? Welche anderen Ziele kommen Albus in die Quere und werden sie erreicht?
Um diese Fragen zu beantworten, müsst ihr das Drama schon selbst lesen. Oder ihr gehört zu den Glücklichen, die Karten für die Aufführung des Theaterstücks in Londons West End ergattern können und ihr lasst euch von der Geschichte im Theater verzaubern. Das ist etwas, das ich noch vorhabe, wenn ich das nächste Mal vor Ort bin.
In einigen Rezensionen habe ich gelesen, dass die Geschichte in sich nicht immer so logisch ist und dadurch nicht glaubwürdig wird. Ich gebe zu, dem kritischen Leser werden kleinere Brüche auffallen, die mir den Lesegenuss jedoch nicht zerstört haben. In einem Drama wird nicht jede Entwicklung detailliert erklärt. Dafür ist einfach kein Raum da und das Drama ist darauf ausgelegt, dass es auf einer Bühne dargestellt werden kann. Deshalb sind die Regieanweisungen auch nicht ausufernd, damit der Regisseur und der Intendant eines Theaters mit den Möglichkeiten, die ihnen gegeben sind, das Theaterstück auf die Bühne bringen können. Dabei ist jede Produktion auch eine neue Interpretation der Vorlage. Aufgrunddessen sehe ich hier auch über einige Zeitsprünge und abrupte Übergange hinweg.
Fazit: Mir hat die Lektüre des Dramas sehr gut gefallen. Sie hat mich mitgezogen, schmunzeln lassen und mich an die Geschichte von Harry Potter erinnern lassen. Es war faszinierend einen möglichen Einblick in die Welt der Harry Potter Figuren in der Erwachsenenwelt zu erhaschen und Albus Potter in einem Lebensabschnitt zu begleiten. Wer sich jedoch unsicher ist, ob er ein Drama lesen will, dem empfehle ich in eine Leseprobe hineinzuschnuppern und sich eine eigene Meinung zu bilden.